Vytis kommt nach Europa. Nein, dabei handelt es sich weder um einen Sänger auf Tournee noch um den Namen eines nahenden Wintersturms. Vytis heißt vielmehr der Ritter mit Schwert und Schild, der, auf einem Pferd sitzend, das litauische Staatswappen schmückt. Und dieses Wappen wird ab 1. Januar auch in den Geldbeuteln der Europäer auftauchen.
Denn am 1. Januar tritt Litauen als 19. Staat der Euro-Zone bei. Es gibt damit seine eigene Währung, den Litas, auf, darf aber gleichzeitig, wie alle anderen Euro-Mitglieder, Münzen mit einer individuell gestalteten Rückseite prägen. Einige Länder, wie Deutschland, zeigen dabei unterschiedliche Motive auf den diversen Münzen. Die Litauer dagegen beschränken sich auf eine Darstellung für alle Prägungen, vom 1-Cent- bis zum 2-Euro-Stück, nämlich Vytis.
Wappen war während der Sowjet-Besatzung verboten
Schon seit dem 14. Jahrhundert war dieser weiße Ritter ein Symbol der litauischen Herrscher, ursprünglich war er wohl sogar die Darstellung eines Fürsten. Später jedoch wurde Vytis, was wörtlich übersetzt „der Verfolger“ bedeutet, zum allgemeinen Repräsentanten Litauens, der das Land gegen Angreifer verteidigt. So ist er beispielsweise auch auf dem Osttor der alten Stadtmauer von Litauens Hauptstadt Vilnius zu sehen.
Dies war auch der einzige Ort, an dem Vytis während der Besetzung des Landes durch die Sowjetunion noch öffentlich zu sehen war. Ansonsten war es bei Strafe verboten, das alte litauische Staatswappen zu zeigen. Erst nach der erneuten Unabhängigkeit im Jahr 1990 wurde auch Vitys wieder zum Bestandteil des offiziellen Wappens der Republik. Und nun kommt er auch in der Euro-Zone an.
Die litauischen Münzen sind darüber hinaus durch das Wort „Lietuva“ – der Landesname auf Litauisch – zu erkennen, das unter dem Ritter steht. Zudem sind am Rand der 2-Euro-Münzen die Wörter „LAISVĖ, VIENYBĖ, GEROVĖ“ eingeprägt. Zu Deutsch: „Freiheit, Einheit, Wohlergehen“. Das klingt immerhin einigermaßen vertraut, denn auf den deutschen Münzen steht an dieser Stelle „Einigkeit und Recht und Freiheit“.
Eigentlich wollte Litauen schon 2007 den Euro einführen
Litauen ist der letzte der drei baltischen Staaten, der den Euro einführt. Estland ist schon seit 2011 Euro-Mitglied, Lettland folgte Anfang 2014. Dabei hatte Litauen ursprünglich sogar vor, als erstes der drei Länder die Gemeinschaftswährung zu übernehmen.
Denn der Litas war schon seit 2002 an den Euro gebunden, und bereits zum 1. Januar 2007 wollte Vilnius Teil der Euro-Zone werden. Damals verfehlte das Land jedoch eines der Maastricht-Kriterien um Haaresbreite: Die Inflationsrate lag um 0,06 Prozentpunkte über dem geforderten Wert.
Diesmal dagegen schaffte das Land nicht nur das Inflationsziel, sondern auch die beiden anderen Kriterien mit Bravour. Die Gesamtverschuldung liegt 2014 bei 41 Prozent der Wirtschaftsleistung und damit weit unter der Grenze von 60 Prozent, die im übrigen inzwischen kaum noch eines der „alten“ Euro-Mitglieder erfüllt. Das Haushaltsdefizit dürfte bei 1,2 Prozent liegen und damit ebenfalls weit unter dem Limit von drei Prozent.
Mit dem Litas verschwindet auch der „Vater der Nation“
Die Umstellung auf den Euro wird ohne lange Übergangszeiten erfolgen. Der Litas wird schon am 16. Januar seinen Status als gesetzliches Zahlungsmittel verlieren. Damit werden dann Münzen und Banknoten des Landes aus dem Verkehr gezogen. Unter anderem wird dann auch der Vater der Nation aus dem Zahlungsalltag verschwinden.
Denn dieser, Jonas Basanavičius, war bisher auf der 50-Litas-Note sehen. Er hatte 1918 die Unabhängigkeitserklärung unterschrieben und war bereits in der Zwischenkriegszeit, als Litauen unabhängig war, auf einer Banknote des Landes geehrt worden, ebenfalls auf einem Schein zu 50 Litas.
Zwölf Jahre nach Einführung dieses Scheines, 1940, wurde Litauen dann jedoch von der Sowjetunion besetzt, und Rubel-Scheine ersetzten Basanavičius und die anderen Persönlichkeiten auf den Litas-Scheinen. Erst nach der erneuten Unabhängigkeit kam auch der „Vater der Nation“ wieder zu der Ehre, auf einem Litas-Schein porträtiert zu werden.
Auch Andorra bringt jetzt eigene Euro-Münzen in Umlauf
Parallel zu Litauen führt derzeit aber auch noch ein weiteres Land seine ersten eigenen Euro-Münzen ein: Andorra. Der Pyrenäenstaat ist zwar kein formales Euro-Zonen-Mitglied, wie mit Monaco, San Marino und Vatikanstadt nutzt Andorra jedoch den Euro seit dessen Einführung, und eine Vereinbarung mit der EU erlaubt den Ländern, eigene Münzen zu prägen.
Im Falle Andorras verzögerte sich das Projekt jedoch, weil das Land sich schwertat, EU-Gesetze zur Verhinderung von Geldwäsche umzusetzen. Nun ist es endlich so weit. Ab Mitte Januar sollen die Münzen in Umlauf gebracht werden, schon jetzt können Sammler sie bestellen.
Diese dürften auch die Hauptzielgruppe sein, denn angesichts der geringen Menge geprägter Münzen dürfte kaum eine andorranische Münze auf herkömmlichem Weg in die Geldbeutel deutscher Verbraucher gelangen.
Falls doch, sind die 1-, 2- und 5-Cent-Münzen an einer Gämse zu erkennen, die auf der Rückseite neben einem Bartgeier zu sehen ist. Die 10-, 20- und 50-Cent-Stücke zeigen die Kirche Santa Coloma, auf der 1-Euro-Münze wurde das Casa de la Vall, der Sitz des andorranischen Parlaments verewigt.
Auf dem 2-Euro-Stück schließlich ist das Staatswappen zu sehen – wie auch schon bei den litauischen Münzen. Allerdings zeigt das andorranische Wappen keinen angreifenden Reiter. Hier wurden lediglich zwei friedliche Kühe verewigt.