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  5. Euro: Litauens Euro trägt ein nationales Symbol

Meinung Euro-Erweiterung

Der kämpferische Reiter ziert Litauens Euro-Münze

Die neuen litauischen Euro-Münzen Die neuen litauischen Euro-Münzen
Die neuen litauischen Euro-Münzen
Quelle: dpa
Mit dem Ritter auf der Euro-Münze, einem Symbol seiner Nationalgeschichte, tritt Litauen am 1. Januar dem Währungsverbund bei – ein Akt der Selbstbehauptung gegen langjährige russische Vorherrschaft.

Litauen gehört ab dem 1. Januar 2015 zum Euro-Land. So will es die Regierung in Vilnius, und so will es auch die Europäische Zentralbank. Die größte der baltischen Republiken (vier Millionen Einwohner, davon 79 Prozent Litauer, 65.200 Quadratkilometer) hat das Klassenziel erreicht, die Beitrittskriterien unter Schmerzen geschafft und damit ihre innere und äußere Zugehörigkeit zur Europäischen Union entschlossen bekräftigt.

Für Litauen allerdings ist die Preisgabe der Nationalwährung, die dem sowjetischen Rubel und seinem Zusammenbruch folgte, kein Opfer und keine beiläufige Maßnahme, sondern Teil psychotherapeutischer Arbeit. Das Land tut alles, um seiner traumatischen Geschichte und seiner Geografie zwischen Russland, Polen und Weißrussland die politische, wirtschaftlich und monetäre Zugehörigkeit zu Europa entgegenzusetzen. Nirgendwo ist so wie im Baltikum bewusst, dass der Kampf um die sowjetische Erbfolge noch lange nicht zu Ende ist.

Der kämpferische Reiter, der auf den neuen Münzen zu sehen ist wie zuvor schon auf den nunmehr obsoleten, ist nicht heroisches Dekorum, sondern Erinnerung an beides, die verlorene Vergangenheit des litauisch-polnischen Großreiches vom 16. bis zum 18. Jahrhundert und zugleich die Hoffnung, die kostbare Freiheit nie wieder zu verlieren.

Geldwesen als Symptom

Was die Vergangenheit betrifft, so gehörte Litauen zum deutsch-baltischen Kulturkreis und seit dem Großen Nordischen Krieg zweihundert Jahre lang zum Zarenreich. Dann folgten zwanzig Jahre Republik, die 1939/40 der Hitler-Stalin-Pakt in Terror und Tod erstickte. 1990 war Litauen die erste der baltischen Republiken, die sich die Unabhängigkeit erkämpfte.

Geldfragen, so schrieb Joseph Schumpeter, österreichischer Finanzminister in Zeiten der großen Depression und Harvard-Don, dazu einer der größten Ökonomen de 20. Jahrhunderts, sind Lebensfragen der Nationen. Im Geldwesen eines Volkes, so lehrte er, spiegele sich alles, „was dieses Volk will, tut, erleidet, ist ... Der Zustand des Geldwesens eines Volkes ist ein Symptom aller seiner Zustände ... Nichts sagt so deutlich, aus welchem Holz ein Volk geschnitzt ist, wie das, was es währungspolitisch tut“. Das sind Worte der Weisheit, die wie ein Kommentar zu Teil-Europas gemeinsamer Währung zu lesen sind, ihrer schwierigen Vergangenheit und ihrer offenen Zukunft.

Litauen gehört zu den Ländern, die aus der Kälte kamen und die sich via Nordatlantik-Pakt und EU neu definierten: Zugleich in der nationalen Erinnerung und im westlichen Bündnisgefüge. Nirgendwo ist, was die weiter wirkende Weltenwende unserer Zeit bedeutet, so gegenwärtig wie an den Rändern Europas.

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