Wickie und die starken Anspielungen

Wickie und die starken Anspielungen
Neue Realfilm-Serie ist geplant. Autor Runer Jonsson war ein Nazi-Gegner und kein Freund der Deutschen.

„Wickie und die starken Männer“ sind weiter auf großer Fahrt – die Geschichte um den kleinen, nasenreibenden Helden, der seinem Vater Halvar und den anderen Wikingern des Dorfes Flake immer wieder aus der Patsche hilft, ist schon mehrfach verfilmt worden und wird es weiterhin: die Produktionsfirma „Rat Pack Film“ in München und das belgische „Studio 100“ planen aktuell eine Realfilm-Serie, im kommenden Jahr sollen die Dreharbeiten beginnen.

Neue Abenteuer

„Die Serie soll zwar auf der Zeichentrickserie und den erfolgreichen Kinofilmen beruhen, jedoch beinhaltet sie neue Handlungsstränge und Abenteuer für Wickie und seine Freunde.“ so Christian Becker, Produzent bei „Rat Pack“.

Dies wird die Fans erfreuen, die zumeist nicht das schwedische Original-Kinderbuch und seine Hintergründe kennen – und vielleicht ist das besser so.

Bei einem verregneten Norwegenurlaub soll sich der Autor Runer Jonsson (1916–2006) die Figur ausgedacht haben, um seinen Sohn zu unterhalten, wie zu bilden. Letzteres war von Bedeutung: Der Sohn armer Handwerker sah sich vor allem als Volkserzieher. In Schweden 1963 publiziert war „Vicke Viking“ nicht so erfolgreich wie in den deutschsprachigen Ländern. Dort kam „Wickie und die starken Männer“ 1964 auf den Buchmarkt, es folgte ein Hörspiel. Richtig populär wurde der kleine Held durch die 1974 ausgestrahlte Zeichentrickserie – eine Gemeinschaftsproduktion von ZDF, ORF und dem japanischen Cartoon-Studio „Zuiyo Enterprise“.

Die of diskutierte Frage, ob Wickie vielleicht ein Mädchen sei, lässt sich mit einem „jein“ beantworten: Der Illustrator Ewalt Karlsson orientierte sich an seiner ältesten Tochter Margareta, wie man aus der Lokalzeitung Folkbladet erfährt. Diese hatte „goldblonde Haare und neugierige blaue Augen“ heißt es dort. Heute ist das Wickie-Vorbild in Schweden ebenfalls und darüber hinaus medienpräsent – Margareta van den Bosch wirkte von 1986 bis 2007 als Chefdesignerin bei H&M und trug entscheidend am globalen Erfolg des schwedischen Unternehmens bei, das für preisgünstige Trendy-Klamotten steht.

Haare rot gefärbt

Dem TV-Wickie der Zeichentrickserie wurden dann die Haare rot gefärbt. Vielleicht, um dem nordischen Ideal aus der NS-Zeit nicht zu sehr zu huldigen. Jonsson, der 2006 als Neunzigjähriger verstarb, war Nazi-Gegner.

Er agierte als Gegner des Dritten Reichs, seit er 1936 als 19-Jähriger alleiniger Redakteur der smaländischen Heimatstadt-Zeitung Nybro Tidningen wurde.

Und zwar so vehement, dass ihn im Zweiten Weltkrieg die Behörden nach Stockholm beorderten und ihn wegen „Aufhetzung“ abmahnten. Das deutsche Auswärtige Amt hatte sich beschwert.

Jonssons Auseinandersetzung mit dem Dritten Reich setzt sich dann in „Wickie“ fort: Der „Schreckliche Sven“, Gegner der Wikinger aus dem Dorf Flake, ist im Original Anführer der Feinde „Vresen“, ein Wortspiel aus „Friesen“ und „grimmig“. „Die Svea (Schweden), Dänen und Nordmänner sind übereingekommen, die ,Vresen‘ zu verleugnen. Sie betrachten sie als eine andere Rasse“, heißt es im Original. Jonsson schlägt so die NS-Ideologie mit ihren eigenen Waffen.

Vresen unter Alle

In seinem letzten der sieben Wickie-Bücher, das 1993 in Schweden erschien, wird Jonsson, vielleicht auch angesichts des Erfolgs in Deutschland, noch einmal sehr deutlich. Es gibt dort erstmals Tote, die Kämpfe werden ernsthafter und die „Vresen“ haben nun einen Anführer namens „Alle“ (Adolf) und werden von den Flake-Wikingern „plattgemacht“. Bezeichnenderweise kam das Werk erst 2012 in den deutschsprachigen Raum und schockte die Fans. Als Volkserzieher war Jonsson dort nicht erfolgreich. Heute ist Wickie vor allem eine Figur, die mit einer unbeschwerten Kindheit verknüpft werden soll. „Full Family Entertainment“ heißt das Konzept der kommenden Realfilm-Serie.

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